AMPEL-AMNESTIEGESETZ
Leitungs- und Planungsstab des Fraktionsvorsitzenden
19. Oktober 2022
I. Sachverhalt
Im Koalitionsvertrag hat die Ampel einen „Paradigmenwechsel“ in der
Migrationspolitik angekündigt. Mit der 1. Lesung des Gesetzentwurfs zum
sogenannten „Chancen-Aufenthaltsrecht“ in dieser Woche beginnt die
parlamentarische Umsetzung. Vorweg: Wir sprechen konsequent vom „AmpelAmnestiegesetz“.
Der Gesetzentwurf umfasst im Wesentlichen folgende Regelungen:
• Das Ampel-Amnestiegesetz: Die Ampel will einen neuen Aufenthaltstitel in §
104c des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) schaffen. Die Regelung betrifft
Ausreisepflichtige, deren Abschiebung aus bestimmten Gründen
vorübergehend ausgesetzt ist (sogenannte Geduldete). In der Regel handelt es
sich um Menschen mit abgelehntem Asylantrag, die trotz Ausreisepflicht in
Deutschland geblieben sind. Diese Personen sollen nach einem Aufenthalt in
Deutschland von fünf Jahren – dabei zählt die Dauer des Asylverfahrens mit –
eine einjährige Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ erhalten. Auch, wenn sie
bisher nicht an ihrer Identitätsklärung mitgewirkt und sich nicht in den
Arbeitsmarkt integriert haben. Das Vorhaben ist eine Stichtagsregelung zum 1.
Januar 2022.
Das Aufenthaltsrecht kann verlängert werden, wenn in dem Jahr bestimmte
Voraussetzungen erfüllt werden: Insbesondere müssen sie simple mündliche
Sprachkenntnisse des Niveaus A2 nachweisen und ihren Lebensunterhalt
„überwiegend“ – also zu mehr als 50% – selbst finanzieren. Werden die
Voraussetzungen erfüllt, wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert.
• Absenkung der Voraussetzungen für die Aufenthaltstitel nach
§§ 25a und b AufenthG: Schon bisher ermöglichen §§ 25a und b AufenthG
langjährig geduldeten Personen sowie Jugendlichen und Heranwachsenden bei
gewissen Integrationsleistungen eine Aufenthaltserlaubnis. Bisher müssen
Erwachsene dafür seit acht Jahren (bzw. sechs Jahre, wenn Kinder im Haushalt
leben) in Deutschland geduldet sein und wie oben beschrieben mündliche
Sprachkenntnisse und Einkommen nachweisen. Die Aufenthaltsdauer soll nun
auf sechs Jahre (vier mit Kindern) abgesenkt werden. So schließt sich die
Aufenthaltserlaubnis nach § 25b zukünftig nahtlos an das AmpelAmnestiegesetz an.
Jugendliche und Heranwachsende bis 21 Jahre können zudem nach
geltendem Recht eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG
erhalten, wenn sie für vier Jahre geduldet sind und gewisse
Integrationserfordernisse erfüllen. Auch hier zählt die Zeit des Asylverfahrens
mit. Zukünftig soll die Aufenthaltsgenehmigung bereits nach drei Jahren und
zudem bis zu einem Alter von 27 Jahren erteilt werden. Angesichts einer
Asylverfahrensdauer (im Fall einer Klage) von durchschnittlich etwa
zweieinhalb Jahren führt diese Änderung absehbar zu der paradoxen Situation,
dass junge Asylbewerber kurz nach endgültiger Ablehnung ihres Asylantrags
eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten.
• Bisher galt: Eine Aufenthaltserlaubnis gibt es grundsätzlich nur, wenn
die Identität geklärt ist. Mit dem Migrationspaket 2019 haben wir zudem die
Regel eingeführt: Wird bei der Identitätsklärung nicht mitgewirkt, zählen die
Zeiten der Duldung nicht für eine Aufenthaltsgenehmigung. Das will die Ampel
nun ändern. Sie sieht ausdrücklich vor, dass auch Zeiten der „Duldung mit
ungeklärter Identität“ mitzählen. In der Praxis würde das AmpelAmnestiegesetz also oft Ausreisepflichtigen zugutekommen, die sich seit fünf
Jahren mit ungeklärter Identität in Deutschland aufhalten. Zwar hat die Ampel
eine Klausel im Gesetz eingefügt, die dies verhindern soll – sie ist aber so
formuliert, dass die praktische Bedeutung gering ist und Täuscher nicht
wirksam ausschließt.
II. Unsere Position
Die Migrationspolitik der Ampel setzt die falschen Schwerpunkte: Wir brauchen
qualifizierte Einwanderung von Fachkräften und keine Amnestieregelungen für
Ausreisepflichtige. Die von der Ampel geplanten Regelungen entwerten das
Asylverfahren und stellen die Bedeutung staatlicher Entscheidungen
grundsätzlich in Frage. Zukünftig wird es praktisch bedeutungslos sein, wie das
Asylverfahren ausgeht: Am Ende steht fast immer ein Bleiberecht. Die Regelungen
senden zudem ein fatales Signal an alle redlichen Migranten: Ehrlich sein lohnt
sich nicht, am Ende erhalten auch Mitwirkungsverweigerer und Identitätstäuscher
eine Ampel-Amnestie. Darüber hinaus setzt die Ampel völlig falsche Anreize, die
im Ergebnis zu mehr irreguläre Migration nach Deutschland führen. Die Botschaft
ist: Egal ob ein Asylgrund besteht, egal ob berufliche Qualifikationen bestehen –
am Ende darf jeder bleiben.
Der Konsens in der Mitte unserer Gesellschaft lautet: Wir sind großzügig gegenüber
Schutzbedürftigen und fördern qualifizierte Migration, wenn dies für unsere
Volkswirtschaft dienlich ist. Wer aber ausreisepflichtig ist, muss unser Land
verlassen. Die Ampel hat diesen Kompromiss aufgekündigt und verfolgt das
erklärte Ziel: Jeder soll kommen, jeder soll bleiben dürfen. Sie legt damit die Axt an
die Grundfesten des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
III. Sprachempfehlung
Die von der Ampel geplanten Regelungen sind aus mehreren Gründen falsch: Sie
entwerten das Asylverfahren und machen den Spurwechsel zum Regelfall.
Mitwirkungsverweigerer und Identitätstäuscher bekommen künftig eine AmpelAmnestie. In der aktuellen Situation muss die Ampel ein klares Stopp-Signal gegen
irreguläre Migration senden. Stattdessen setzt sie den fatalen deutschen
Sonderweg fort und schafft zusätzliche Anreize für mehr irreguläre Migration nach
Deutschland. Die Botschaft ist: Egal ob ein Asylgrund besteht, egal ob jemand
berufliche Qualifikationen hat – am Ende darf jeder in Deutschland bleiben. Der
Konsens in der Mitte unserer Gesellschaft lautete bisher: Wir sind großzügig
gegenüber Schutzbedürftigen und fördern qualifizierte Migration. Wer aber keinen
Schutzgrund hat und ausreisepflichtig ist, muss unser Land verlassen. Die Ampel
hat sich von diesem Konsens verabschiedet.
Ansprechpartner: Sebastian Hoffmeister, sebastian.hoffmeister@cducsu.de